Seltene Nutztierrassen – eine echte Alternative!

 

Alpines Steinschaf und Tauernschecken. Credits: Kinberger Mathias

Österreich ist stolz auf seine natürliche Vielfalt – und das mit gutem Recht. Seit Jahrhunderten pflegen und prägen unsere bäuerlichen Familienbetriebe sowohl die einzigartige Landschaft als auch die hohe Zahl an heimischen Nutztierrassen.

Durch die Zuchtarbeit unserer Vorfahren ist über Jahrhunderte eine große Vielzahl an unterschiedlichen Nutztierrassen entstanden. Aufgrund der Selektion spezieller Eigenschaften gelang im Alpenraum eine optimale Anpassung an unterschiedliche Haltungsbedingungen und Nutzungsformen. Neben der züchterischen Beeinflussung der rassespezifischen Eigenschaften wie Robustheit, Genügsamkeit oder Trittsicherheit wurde auch die ästhetische Vielfalt an Formen und Farben gezielt gesteuert.

Erst in der jüngsten Vergangenheit forcierte der Strukturwandel in der Landwirtschaft einige wenige hochspezialisierte Leistungsrassen in der tierischen Produktion. Heute besinnt man sich zum Glück wieder der besonderen Qualitäten heimischer Nutztierrassen. Genügsamkeit sowie Robustheit sind wieder gefragt. Die besondere Anpassung an die Berglandwirtschaft sowie die hohe Qualität von Fleisch und Milch ist ein wesentlicher Vorteil dieser Rassen.

Der Erhaltung der genetischen Vielfalt kommt, ebenso wie der Erhaltungszucht, eine besondere kulturelle Bedeutung zu. Verloren gegangene genetische Vielfalt ist für immer verloren und unwiederbringlich! Zusätzlich sind gefährdete Rassen für die Offenhaltung von Flächen für Tourismus und Naturschutz geradezu prädestiniert.

„Wiesen und Äcker, die zubetoniert werden, sind für lange Zeit aus der Natur verschwunden, genetische Ressourcen, die aussterben, für immer!“

Thomas Strubreiter, Obmann ARCHE Austria

Pustertaler Sprinzen. Credits: HerbertUnterfrauner

Nutztierrassen sind jahrhundertealtes Kulturgut

 

Eine ARCHE für seltene Nutztierrassen

„Es ist faszinierend, dass in einem kleinen Land wie Österreich so viele Rassen ihren Ursprung haben. Diese seltenen Nutztierrassen sind Kulturgut, das uns über Jahrhunderte hindurch begleitet hat, sie sind Teil unserer Geschichte und Identität. Sie sind hervorragend an den Standort, das herrschende Klima und die Topografie angepasst“, erklärt Schipflinger. Zudem haben diese Rassen durchwegs „eine gute Wesensart, sind sehr umgänglich und langlebig und sind sehr gute Futterverwerter.“ Das bedeutet, die Tiere kommen auch an kargeren Standorten noch sehr gut zurecht, sie sind robust, an die Umgebung angepasst und nicht zwingend auf Kraftfutter angewiesen. Sie können ihre Milchleistung auch dann erbringen, wenn sie nur mit Heu und Gras gefüttert werden. Zur Wirtschaftlichkeit meint Schipflinger: „Bei der Haltung alter, seltener Nutztierrassen kann man sehr gut auf der Kostenseite, etwa beim Kraftfutter, einsparen. Zudem sind diese Tiere besonders für die Direktvermarktung geeignet, weil sie bei artgerechter Haltung durch sehr hohe Fleisch- und Milchqualität punkten. Damit gehen Qualität und Nachhaltigkeit Hand in Hand, regionale Wirtschaftskreisläufe werden gestärkt und der Konsument bekommt ein ehrliches und erstklassiges Produkt auf den Teller.“

Für die beiden hochgefährdeten Schweinerassen Mangaliza und Turopolje fungiert der Verein ARCHE Austria als Zuchtverband.

ARCHE Höfe – Wirtschaftsbetriebe statt Streichelzoos

 

Die ARCHE Höfe sind keine Streichelzoos, sondern Wirtschaftsbetriebe. Und als solche werden sie auch geführt. „Die ARCHE Höfe verstehen sich auch als Präsentationsstätten. Man kann dort hinkommen und sich ansehen, wie die seltenen Nutztierrassen gehalten werden, mit der Bauernfamilie reden. Diese Betriebe sind so vielfältig wie die Regionen und die Rassen. Es gibt kleine und große Betriebe, mit Direktvermarktung, Hotel, Erlebnisbauernhof, Schule am Bauernhof, Kräuterpädagogik, altes Handwerk, und noch einiges mehr“, zählt Schipflinger auf. Die dort gehaltenen und gezüchteten seltenen Nutztierrassen sind aber, anders als in der industriellen Landwirtschaft, keine hochgezüchteten und hochsensiblen Biomaschinen, sondern Lebewesen mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften. Nicht zuletzt sind viele dieser erhaltungswürdigen Nutztierrassen vor allem im Sommer auf den Almen und Weiden als Landschaftspfleger tätig. Almen und Weiden sowie generell Grünland sind zudem unterschätzte Kohlenstoffsenken. „Wiederkäuer leisten in standortangepasster Nutzung mit Beweidung und möglichst wenig Kraftfutter einen positiven Beitrag zum Klimawandel“, weiß Schipflinger.

Mangaliza Ferkel. Credits: Siegfried Rathner

Weitere Infos

Über den Autor:

Florian Schipflinger ist Landwirt und Geschäftsführer der ARCHE Austria, eines Vereins, der sich ganz der Erhaltung seltener Nutztierrassen verschrieben hat und 1986 gegründet wurde.

Perspektive Landwirtschaft freut sich über die Zusammenarbeit mit der ARCHE Austria – sie bietet viel Wissen und Know-How an, wenn es um die Haltung und Zucht selten gewordener Nutztierrassen geht, sowie Möglichkeiten und Nischen für Hofübernehmende. Für eine widerstandsfähige Landwirtschaft ist es unerlässlich, nicht nur auf wenige Rassen zu setzen, sondern die Vielfalt am Leben zu erhalten.