Prozess der außerfamiliären Hofübergabe
Lebenswerke weitergeben – Lebenswerke neu beginnen
Jede Hofnachfolge ist ein einzigartiger Prozess, der individuell ganz unterschiedlich wahrgenommen und bewertet wird. Viele Informationen auf dieser Website betreffen die Hofübergabe in ihrer rechtlichen und finanziellen Dimension. Diese Themen sind zu Beginn aber noch Zukunftsmusik. Wenn Sie ganz am Anfang stehen, kennen Sie die Beteiligten noch gar nicht. Hier wollen wir Ihnen einen Überblick geben und langsam in den Prozess eintauchen.
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Phase 1
Orientierung
Am Beginn des Prozesses stehen viele offene Fragen auf beiden Seiten:
Außerfamiliäre Hofnachfolge – was ist das eigentlich? Passt sie zu mir und meinem Betrieb? Habe ich Zeit und Lust, neue Menschen kennenzulernen und “die Richtigen” zu suchen? Bin ich bereit dazu mein Lebenswerk loslassen? Phase eins beginnt bei Landwirt*innen ohne Nachfolge mit Überlegungen, ob ein außerfamiliärer Generationswechsel infrage kommt.
Zugleich fragen sich auf Hofsuche befindende Personen: Passt eine außerfamiliäre Hofübernahme zu meinem Wunsch, in die Landwirtschaft einzusteigen? Möchte ich mit verschiedenen Generationen am Hof zusammenleben oder mein Vorhaben lieber ganz eigenständig angehen? Kann ich mir Zeit für die Suche nehmen, meine Lebenssituation verändern, mich einlassen?
Hofnachfolge außerhalb der Familie
Bäuerinnen und Bauern stecken im Laufe ihres Lebens viel Arbeit und Herzblut in ihren Hof. Nun findet sich innerhalb der Familie niemanden für die Hofnachfolge. Was nun? Wie kann das Lebenswerk erhalten bleiben?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um das Weiterleben des Hofes abzusichern. Viele junge und gut ausgebildete Menschen suchen einen Hof, um ihren Wunschberuf Bauer/Bäuerin zu verwirklichen.
Sie wollen sich nähere Gedanken zur Hofübergabe und Ihrer potentiellen Nachfolge machen? Hier finden Sie unseren Selbsttest zur Hofübergabe, der Sie bei Ihrem Vorhaben unterstützen und anregen möchte:
Landwirtschaft als Wunschberuf
Es gibt verschiedene Gründe, warum Menschen einen Hof suchen und in die Landwirtschaft einsteigen wollen. Ein attraktiver Arbeits- und Wohnort in Einem, ein krisensicherer und sinnhafter Beruf, Vereinbarkeit von Arbeit und Familie, freie Zeiteinteilung und Selbstverwirklichung werden häufig genannt.
Viele, die einen Hof suchen, kommen aus einer landwirtschaftlichen Familie. Sie können aber den Hof der Familie als weichende Erb*innen nicht übernehmen, da ihn ein Geschwisterteil weiterführen wird. Andere wiederum, die sich auf Hofsuche befinden, wurden nicht in eine bäuerliche Familie geboren und haben daher kein Hoferbe zur Verfügung. Egal ob mit oder ohne landwirtschaftlichen Hintergrund – gemeinsam ist allen Betreffenden der Wunsch, Landwirtschaft zu betreiben.
Welche Schritte sind auf dem Weg zum eigenen Hof zu gehen? Wie sieht der Prozess der außerfamiliären Hofübergabe für die, die einen Hof suchen, aus? Welche Voraussetzungen und Rahmenbedingungen sind zu beachten, welche Möglichkeiten der Unterstützung gibt es?
Sie wollen sich nähere Gedanken zur Hofsuche, zur Hofübernahme oder zum Einstieg in die Landwirtschaft machen? Hier finden Sie unseren Selbsttest für jene, die sich auf Hofsuche befinden und der Sie bei Ihrem Vorhaben unterstützen und anregen soll.
Phase 2
Ressourcen
Wird eine außerfamiliäre Hofnachfolge in Betracht gezogen, kann es in Phase zwei hilfreich sein zu schauen, was bereits vorhanden ist. Als Person/en, die ihren Hof übergeben möchte/n, kann man sich überlegen, wie viel Platz zum Wohnen der Betrieb bietet und ob getrennte Wohnmöglichkeiten machbar sind. Aber auch, ob ein Zusammenleben am Hof gewünscht wird oder ein Umzug angedacht ist. Weitere Aspekte betreffen Pensionierung und Absicherung im Alter.
Ebenso sichten die zukünftigen Hofübernehmenden, was vorhanden ist: Was bringe ich an Ausbildung und Erfahrung mit für die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes? Welche finanziellen und zeitlichen Ressourcen kann ich für Suche und Übernahme aufwenden? Wie schaut mein derzeitiges familiäres und berufliches Umfeld aus?
Phase 3
Rahmenbedingungen
In Phase drei gilt es die sozialen, rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen kennenzulernen und die eigenen Pläne danach auszurichten. In Bezug auf Grundverkehrskommission, Steuern und Übergabsoptionen gibt es bei der außerfamiliären Übergabe einige Besonderheiten im Unterschied zur innerfamiliären Übergabe. Zunächst ist es hilfreich, gesetzliche Rahmenbedingungen zu kennen, um den eigenen Weg danach auszurichten. Überlegungen zur Form der Übergabe, der zukünftigen Bewirtschaftungsweise, der Vision für den Betrieb, zum Wohnen und Zusammenleben fallen nun an.
Phase 4
Suche
Sind Rahmen und Ressourcen geklärt, kann mit Phase vier die Suche nach geeigneten Übernehmenden bzw. nach einem potentiellen Hof und passenden Personen, die ihren Hof übergeben, beginnen. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, etwa die Suche im näheren Umfeld im Verwandten- oder Bekanntenkreis, die Kontaktaufnahme über die Hofbörse oder bei Veranstaltungen, Bezirksbauernkammern, Zeitschrifteninserate. In einer Probezeit können Übergebende und Übernehmende einander besser kennenlernen und abschätzen, ob eine gemeinsame Zukunft, leben und arbeiten am Hof möglich ist. Alle Beteiligten sollten dabei für sich persönliche Ziele und Wünsche definieren. Es kann beim ersten Kennenlernen “funken”, Probezeit und Übergabe rasch geklärt sein. Es kann aber auch Geduld und Durchhaltevermögen gefordert sein, wenn es einige Anläufe braucht, um sich wirklich einzulassen.
Phase 5
Entscheidung und Übergabe
Ist man den Weg ein Stück weit gemeinsam gegangen, festigt sich im besten Fall die Entscheidung für oder gegen eine Hofübergabe in der Phase fünf. Sprechen triftige Gründe gegen eine Hofübergabe auf einer oder auf beiden Seiten, ist es Zeit zum Innehalten: Was hat gut, was weniger gut gepasst, wie könnte es besser funktionieren, was lernen wir daraus? Eventuell bedeutet es einen Schritt zurückzutreten, das Ziel neu einzugeben und weiter zu suchen. Wird aber die Übergabe konkreter und fällt die gemeinsame Entscheidung für eine Hofübergabe bzw. Hofübernahme, dann wird auch rechtliche Beratung wichtig sein, um die erarbeiteten Lösungen in eine juristische Form zu gießen. Erst Verträge machen Nägel mit Köpfen. Klare Kommunikation ist auch in dieser Phase von großer Bedeutung, weil die an der Hofübergabe Beteiligten sich über das weitere Miteinander klar werden müssen. Empfehlenswert ist es, sich diesen letzten Schritt und das erreichte Ziel bewusst zu machen und diesen neuen Lebensabschnitt gemeinsam zu feiern.
Phase 6
Im Gespräch bleiben
Wir haben unseren Hof nun abgegeben und die Hofnachfolge ist gesichert. Wie geht es jetzt weiter? Wie bleiben wir in Kontakt? In dieser letzten Phase ist es wichtig nicht zu vergessen, auch das Miteinander zu organisieren und abzusprechen. Halten Sie den Kommunikationsraum auch nach der formellen Übergabe für Wünsche, Anliegen, Unterstützung und Hinweise offen, wenn das von beiden Seiten gewollt ist. Vielleicht leben Sie zusammen auf dem Hof und es gibt getrennte Wohneinheiten. Welche gemeinsamen Routinen und Rituale möchten Sie in Zukunft miteinander teilen?
Das könnte hin und wieder ein gemeinsames Abendessen sein oder auch regelmäßige Gespräche, in der Erfahrungen ausgetauscht werden können. Es gibt viele Möglichkeiten das Miteinander zu pflegen, auch wenn der Hof gänzlich in die Nachfolge übergeht. Sprechen Sie sich ab und finden Sie die Kontaktform und Regelmäßigkeit, die zu ihnen passt. Kein Hof ist gleich und damit auch seine Geschichte nicht.
Gut Beraten
Im Rahmen von Beratung und Betreuung im Hofnachfolgeprozess können wichtige Themen vorab besprochen werden, wodurch manche Probleme erst gar nicht entstehen. Sich beraten und begleiten zu lassen erleichtert das Miteinander und das Fällen von Entscheidungen. Für einen erfolgreichen Hofübergabe-Prozess ist Beratung unersetzlich!
In Österreich bieten verschiedenste Institutionen, Organisationen, Einzelpersonen und Vereine eine große Bandbreite an Beratung und Begleitung an. Sie bieten neutrale Unterstützung vor, während und nach dem Prozess in verschiedenen fachlichen und zwischenmenschlichen Themen an. Die Beratungsangebote können grob aufgeteilt werden in fachliche Beratung bzgl. juristischer, steuerrechtlicher und wirtschaftlicher Belange und in Fragen zwischenmenschlicher Beziehungen.
Einen umfassenden Überblick bietet die Bildungs- und Beratungslandkarte der Landwirtschaftskammern und der ländlichen Fortbildungsinstitute. Hier können Sie sich nach Stichworten, Themen oder nach Region durch eine Vielzahl an Kursen, Seminaren, Beratungsangeboten und Veranstaltungen klicken.
Wo finde ich Unterstützung? Anlaufstellen im Hofübergabeprozess
- Bei der Hofübergabe-Erstinformation (LK-Produkt) werden noch keine Unterlagen, jedoch Hintergrundinformationen über den Betrieb benötigt.
- Bei der eintägigen Veranstaltung „Hofübergabe leicht gemacht“ werden zivilrechtliche, sozialrechtliche und steuerrechtliche Fragen, Hofübernehmer*innenförderungen und Investitionsförderungen besprochen. Sie findet u.a. in Niederösterreich statt.
- „Die bäuerliche Hofübergabe gestalten“ beinhaltet einen juristischen und einen zwischenmenschlichen Teil. Es handelt sich dabei um einen LFI-Kurs, der den Ablauf der Hofnachfolge mit juristischem Hintergrundwissen und die sozialen Aspekte einer Hofnachfolge beinhaltet. In Oberösterreich wird dieser Kurs von einem Kammersekretär und einer Lebens- und Sozialberaterin geleitet und wird gerne von den Beteiligten angenommen.
- Die Erstellung eines Betriebskonzeptes (LK-Produkt), einer Betriebsplanung wird speziell den Hofübernehmenden empfohlen, um festzustellen, was der Betrieb bietet und was sie auf dem Betrieb machen wollen.
- Das „Seminar für künftige Hofübergeber*innen“ und das „Seminar für künftige Hofübernehmer*innen“ werden vom LFI angeboten. Bei diesen dreitägigen Kursen werden juristische, sozialrechtliche und zwischenmenschliche Themen der Hofnachfolge detailliert besprochen. Alle, die ihren Hof übergeben möchten sowie Hofübernehmende, welche sich noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt haben, werden hier ausführlich beraten.
- Prozessbegleitung wird von einzelnen Berater*innen, Kollektiven bzw. Institutionen angeboten. Die LK bietet im Rahmen von Lebensqualität Bauernhof (Link: https://www.lebensqualitaet-bauernhof.at/ ) in ganz Österreich Prozessbegleitung an. Die Berater*innen von „Lebensqualität Bauernhof“ bieten Einzelpersonengespräche, Paargespräche und Mehrgenerationengespräche an.
- Weiters werden teilweise von „Lebensqualität Bauernhof“ Workshops bei den Facharbeiter- und Meisterkursen abgehalten, bei denen das Projekt vorgestellt wird. Es geht um die sozialen Aspekte am Hof und darum, welche Möglichkeiten es gibt, sich unterstützen zu lassen und mit Konflikten umzugehen.