Gemeinsame Bewirtschaftung – wie wird sie rechtlich gestaltet?
Gustav (52) und Brigitte (50) führen einen Ackerbaubetrieb mit Weiterverarbeitung und Direktvermarktung mit Hofladen. Da sie keine Kinder haben, machen sie sich bereits länger Gedanken über den Fortbestand des Betriebes. Über die Plattform Perspektive Landwirtschaft haben sie Marlene und Florian kennengelernt, beide 25 Jahre alt und Absolvent*innen der Boku. Da Gustav und Brigitte noch einige Jahre den Betrieb bewirtschaften werden, entscheiden sich die beiden Paare für eine Betriebsgemeinschaft. Mit der Pensionierung soll der Betrieb an Marlene und Florian übergeben werden, soweit der Plan. Marlene und Florian würden gern so bald wie möglich beginnen, das leerstehende Ausgedingshaus von Gustavs Eltern zu renovieren.
– In welcher Rechtsform bewirtschaften sie den Betrieb?
– Wie soll er irgendwann mal übergeben werden?
– Wie können beide die Sicherheit über Investitionen haben?
Gesellschaft bürgerlichen Rechts
Wenn beide Eigentümer*innen gemeinsam entscheiden und den Betrieb bewirtschaften, um ihn möglichst rentabel zu führen, liegt rechtlich betrachtet eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor. Dies gilt sowohl für Gustav und Brigitte, als auch später zusätzlich für Marlene und Florian. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist keine juristische Person. Sie kann selbst keine Rechte erwerben (Grundstückseigentum usw.) und haftet auch nicht. Das heißt, für Schulden etc. haften die Gesellschafter unbeschränkt mit ihrem eigenen Vermögen. Im vorliegenden Fall ist es ratsam, die Rechte und Pflichten der Gesellschafter*innen in einem schriftlichen Gesellschaftsvertrag zu regeln (Wer ist wann für welche Arbeiten zuständig? Welcher Mehrheit bedarf es für Entscheidungen? Wie sieht es mit Urlaub aus?).
Gibt es Alternativen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts? Die GesbR ist die übliche Gesellschaftsform bei landwirtschaftlicher Zusammenarbeit. Für Wärmeerzeugung wählt man meist eine KG (Eine Person haftet mit ihrem ganzen Privatvermögen, die anderen mit ihrer Einlage). Eine OG (alle haften voll) kommt kaum vor. Die Rechtsformen GesmbHs und die Gründung einer Genossenschaft kommen nur bei großen Projekten. Vereine sind für den Beginn eine unbürokratische Option, sollten aber nicht auf Gewinn arbeiten, sondern einen ideellen Zweck verfolgen und werden für wirtschaftliche Zwecke meist nicht empfohlen.
Die vier aus unserem Fallbeispiel einigen sich also auf eine GesbR. Sind sich die Betroffenen zu 100% sicher, dass es später zu einer Übergabe an Marlene und Florian kommen soll, wäre eine aufgeschobene Übergabe zu überlegen. In diesem Fall wird ein „normaler“ Übergabevertrag geschlossen, der allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. Pensionierung von Gustav bzw. Brigitte) vollzogen wird. Damit in der Zwischenzeit Gustav und Brigitte keine Kredite etc. aufnehmen können, bietet sich die Vereinbarung eines Veräußerungs- und Belastungsverbotes an.
Was bedeuten Belastungsverbot & Veräußerungsverbot?
Bei einem Veräußerungsverbot kann ohne Zustimmung der Berechtigten kein Grundstück verkauft bzw. das Eigentum daran übertragen werden (auch nicht im Rahmen einer Hofübergabe!). Bei einem Belastungsverbot kommen Hypotheken nur ins Grundbuch, wenn der Berechtigte zustimmt. Das Veräußerungs- und/oder Belastungsverbot verpflichtet nur den ersten Eigentümer, nicht aber seine Erben und Erbinnen oder sonstigen Rechtsnachfolger (= persönliches Recht). Es kann generell nur im Grundbuch vermerkt werden, wenn es zwischen Ehegatten und Ehegattinnen, eingetragenen Partner*innen, Eltern und Kindern, Wahl- oder Pflegekindern oder deren Ehegatten bzw. eingetragenen Partner*innen begründet wurde. Da Marlene und Florian nicht zu diesem besonderen Personenkreis gehören, kann das Veräußerungs- und Belastungsverbot zwar gültig vereinbart, jedoch nicht ins Grundbuch eingetragen werden. Deshalb könnten sich die beiden zusätzlich ein Vorkaufsrecht* einräumen lassen. Dieses kann auch zwischen Fremden ins Grundbuch eingetragen werden. Wenn Marlene und Florian im Zusammenhang mit dem Vorkaufsrecht verständigt werden, können sie sofort auf ihr Veräußerungs- und Belastungsverbot pochen.
Investieren Marlene und Florian schon vor der Übereignung Geld, so sollten Sie sich das von Gustav und Brigitte schriftlich bestätigen lassen und gleichzeitig regeln, wie die Investition gesichert wird: Darlehensvertrag, Hypothek im Grundbuch, durch einen Wechsel (= unbedingte Zahlungsanweisung) etc.
Vorkaufsrecht
Das Vorkaufsrecht bedeutet, dass jemand eine Sache erst verkaufen darf, wenn er sie dem Berechtigten vorher zum Kauf angeboten hat. Es kann weder einem Dritten abgetreten, noch auf die Erben und Erbinnen des Berechtigten übertragen werden. Stirbt der Verpflichtete, sind auch dessen Erben und Erbinnen an das Vorkaufsrecht gebunden. Wenn nichts anderes vereinbart ist, muss der/die Berechtigte das Anbot bei beweglichen Sachen binnen 24 Stunden, bei unbeweglichen Sachen binnen 30 Tagen annehmen. Nach Ablauf dieser Frist ist das Vorkaufsrecht erloschen.