Die Munus Stiftung für (zukünftige) Landwirt*innen?

 

Die gemeinnützige Munus Stiftung – Boden für gutes Leben ist eine Gemeinschaft von Menschen, die Eigentum oder Geld einem solidarischen, ökologischen und emanzipatorischen Zweck widmen oder in diesem Sinne nutzen wollen. Die Munus Stiftung entstand nach langer Vorarbeit 2019 durch den Wunsch einer Gruppe von Menschen, kollektive Investitionen als Gemeingut abzusichern, sowie zweier Menschen, Land zu stiften. Ziel war es, Eigentum endgültig und personenunabhängig für gemeinnützige Zwecke zu sichern: Für den Schutz und den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen und für den Zugang aller Menschen zu den Mitteln eines guten Lebens. Wie kann Munus für Menschen interessant sein, die in die Landwirtschaft einsteigen wollen und Menschen, die ihr Lebenswerk absichern wollen?

 

Streuobsternte bei der solidarischen Landwirtschaft Ouvertura. Foto: Julia Dudas

Ein Werkzeug wozu und für wen?

 

Einerseits ist die Munus Stiftung für Menschen interessant, die Wohnungen und landwirtschaftliche Flächen nach sozialen und ökologischen Kriterien nutzen wollen. Siehe unsere Nutzungsgemeinschaft Neunerhaus, die unsere erste Wiener Wohnung an wohnungslose Menschen vergibt. Oder unsere Nutzungsgemeinschaften Ouvertura und Ochsenherz, die mit dem Gemeingut Boden wunderbar nahrhafte Lebensmittel produzieren. Um Landwirtschaft zu betreiben, muss man nicht zwingend Eigentümer*in des Bodens sein – die Pacht bietet viel Flexibilität, um sich auszuprobieren und bei langfristigen und guten Verträgen auch die notwendige Sicherheit, sich wo nieder- und einzulassen. Die Munus Stiftung wird in Zukunft wohl noch öfter mit Perspektive Landwirtschaft kooperieren, wenn passende Menschen für Landwirtschaften gesucht werden. Und hier wird auch klar, warum die Munus Stiftung für Bäuerinnen und Bauern ein Instrument sein kann, ein Lebenswerk langfristig zu erhalten. Anstatt den Hof an Einzelpersonen zu übergeben, kann auch die Munus Stiftung Eigentümerin werden. Sie ist dann für immer in der Pflicht, eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung des Betriebes zu garantieren. Dabei gibt es auch die Möglichkeit, Zusatzvereinbarungen festzulegen, z.B. eine biodynamische Bewirtschaftung, eine sozialpädagogische Ausrichtung usw. Die Zusatzvereinbarungen dürfen nur nicht den Statuten der Munus Stiftung widersprechen, die Statuten finden sich hier. Was darüber hinaus möglich ist: wer stiftet, kann auch lebenslang auf dem Betrieb wohnhaft bleiben und ihn weiter selbst bewirtschaften. Eine Stiftung kann somit eine weitere Option bei der Frage nach der Hofnachfolge darstellen.

Von den Wurzeln in der solidarischen Landwirtschaft

 

Sehen wir uns zunächst die solidarische Landwirtschaft an, die in der Gründungsgeschichte der Munus Stiftung eine wichtige Rolle spielt. Solidarische Landwirtschaften gibt es in Österreich seit gut 10 Jahren, sie werden liebevoll Solawis genannt, in Japan nahmen sie als Teikei ihren Ausgangspunkt, in den USA sind sie als Community Supported Agriculture (CSA) bekannt. Alle in einer solidarischen Landwirtschaft Involvierten, also sowohl jene, die davon ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise bestreiten wie auch jene, die hauptsächlich die Lebensmittel essen, alle teilen sich die Ernte, sie bekommen also einen Ernteanteil. Sie übernehmen zudem gemeinsam die Verantwortung für eine Landwirtschaft, einen Hof, wir nennen sie daher Ernteteiler*innen, sie teilen Erfolg und Risiko, sie bringen gemeinsam das gesamte Jahresbudget auf, vom Saatgut über Dünger bis zu den Personalkosten. Produzierende und Ernteteiler*innen sind nicht fest getrennte Gruppen, es gibt viele Überschneidungen, da ja auch die Landwirt*innen ihre Ernte mitessen und viele Ernteteiler*innen mitarbeiten. Eine solidarische Landwirtschaft kann als neue Form des Wirtschaftens bezeichnet werden. Es werden nicht Produkte produziert, die auf einem anonymen Markt verkauft werden, sondern Landwirt*innen versorgen eine festgelegte Gruppe mit Essen, teilen sich Risiko und Erfolg.

Die solidarische Landwirtschaft Gela Ochsenherz umfasst etwa 300 Mitglieder. Im Jahr 2014 wurden Container angekauft, die auf den Feldern dringend benötigt wurden, das Geld kam von verschiedenen Mitgliedern, die ihre Investitionen schließlich langfristig absichern wollten. Daraus entstand die Idee, eine Stiftung zu gründen. Weiters gab es zwei Personen, die Ackerflächen stiften wollten – das notwendige Kapital von 50.000 für die Gründung einer gemeinnützigen Bundesstiftung war also bald erreicht. Länger dauerte die feinteilige Ausarbeitung der unabänderlichen Stiftungssatzung, breite und spannende Diskussionen über Begriffe und deren Bedeutung, die Kommunikation mit den Behörden und Abstimmung mit Juristen, bis im März 2019 die Munus Stiftung schließlich ins Stiftungs- und Fondsregister eingetragen wurde.

Die gemeinnützige Bundesstiftung als Rechtsform für Gemeingut

 

Die Gründung der Stiftung war nur durch das Bundes-Stiftungs- und Fondsgesetz möglich, das 2015 gänzlich umgekrempelt wurde. Ziel war es, eine “gemeinnützige Stiftungskultur”, wie sie etwa in Deutschland bereits existiert, auch in Österreich zu ermöglichen. Das Gesetz soll zum Turbo für die Gemeinnützigkeit werden, viele Aufgaben, die die öffentlichen Haushalte belasten, könnten durch Private ebenso gut oder besser organisiert und finanziert werden, so die Begründung. Der Gemeinnützigkeitsbegriff des neuen Gesetzes ist derselbe wie jener aus dem Steuerrecht, sodass – anders als etwa bei Privatstiftungen – sichergestellt ist, dass das Stiftungsvermögen auch in den Augen der Abgabenbehörden gemeinnützig behandelt wird.

Notwendig ist es ja, sich Gedanken über zukünftiges Zusammenleben und Wirtschaften zu machen und Projekte zu fördern, die Umwelt und Gesellschaft “reparieren”. Die Munus Stiftung fördert Initiativen der Bewahrung und Wiedergewinnung der Bodenfruchtbarkeit durch Erhaltung einer vielfältigen Natur- und Kulturlandschaft, insbesondere durch Förderung der Biodiversität, durch Humus-Aufbau, Vermeidung von Bodenverdichtung, Hilfen bei der Umstellung von konventioneller auf ökologisch verträgliche Formen von Landwirtschaft. Eine unserer ersten Förderungen betraf ein Schutzprojekt für den großen Brachvogel, eine bedrohte Vogelart, auf den Flächen der solidarischen Landwirtschaft Ouvertura. Unser soziales Anliegen ist die gesellschaftliche Teilhabe und Ermächtigung aller Menschen. In diesem Sinne wurden bisher Ernteanteile für Menschen finanziert, die sich gute Lebensmittel nicht leisten können. Was das Thema Teilhabe und Wohnen betrifft freuen wir uns auch sehr über die neue Kooperation mit dem neunerhaus, um wohnungslose Menschen in Wien zu unterstützen. Sie nutzt eine Wohnung, die der Stiftung geschenkt wurde, indem sie die Wohnung an wohnungslose Menschen weitergibt.

Gemeinnützige Stiftungen sind ja per se dazu da, soziale und ökologische Projekte zu fördern. Das Besondere an der Munus Stiftung ist, dass diese Prinzipien auch auf die Vermögensverwaltung und auf die governance ausgeweitet werden. Die Einkünfte, die aus Verpachtung und Vermietung unserer Güter entstehen, werden für gemeinnützige Zwecke ausgegeben.

Eine Stiftung der Vielen, eine “civil foundation”?

 

Aus der Gründungsgeschichte der Munus Stiftung sticht hervor, dass sie von Anfang an von vielen getragen wurde, von Menschen, die gemeinsam erworbene Ressourcen auch gemeinsam besitzen wollten. Für eine von vielen Menschen gemeinsam gegründete und verwaltete Stiftung gibt es im Englischen die Bezeichnung “civil foundation”. Die Stiftung ist jedenfalls als Rechtsform für Gemeingüter bestens geeignet, hat sie doch keinen Eigentümer, sondern ist einzig ihrem Zweck verpflichtet. Wir sehen die Munus Stiftung als Gemeingut – Menschen, die Vermögen der Stiftung nutzen und Menschen, die stiften, treffen alle Entscheidungen. Jede Nutzungsgemeinschaft entsendet eine Person in den Aufsichtsrat, Stifter*innen dürfen auf Wunsch auf Lebenszeit in den Aufsichtsrat, um alle zwei Monate über anstehende Entscheidungen zu beratschlagen. Unsere demokratisch organisierte governance war ein zentraler Punkt in der Ausarbeitung der Stiftungssatzung. Derzeit besteht der Aufsichtsrat aus Vertreter*innen von Gela Ochsenherz, der Solawi Ouvertura und der neunerimmo, ein weiterer Stifter gesellt sich durch die Zustiftung eines Bauernhofes am Stadtrand von Linz dazu, noch dieses Jahr folgt ein weiterer Bauernhof in der Steiermark, sowie eine Wohnung in Wien. Der zweiköpfige Vorstand besteht aus Lorenz Glatz und Margit Fischer, führt die Entscheidungen des Aufsichtsrates aus und kümmert sich um das Tagesgeschäft. Alle in der Stiftung Beteiligten engagieren sich ehrenamtlich.

Die Rechtsform der gemeinnützigen Bundesstiftung ist nach unseren bisherigen Erfahrungen ein geeignetes Instrument, um Ressourcen als Gemeingut zu verwalten. Es wird gemeinsam entschieden, was mit Grund und Boden passiert, alle Betroffenen können mitgestalten. Wir sind gespannt, wohin uns dieses Experiment Gemeingut noch führen wird und wie wichtig es gerade in unsicheren Zeiten werden kann. Über Menschen, die sich beteiligen wollen, freuen wir uns immer! Eine gute Möglichkeit zum Beschnuppern ist z.B. unser 2-monatliches online-Treffen, die Termine hierzu finden sich hier (klick).

„Wie viel Eigentum an Grund und Boden brauchen Sie, um keine Angst zu haben vor der Zukunft? (Angabe in Quadratmetern.) Oder finden Sie, dass Angst eher zunimmt mit der Größe des Grundeigentums?“ 

Max Frisch in: Tagebuch 1966-71

Weitere Infos

Autor*in:

Lorenz Glatz jun. und Margit Fischer sind ehrenamtliche Vorstände der Munus Stiftung. Julia Moser war bei Perspektive Landwirtschaft als Praktikantin tätig und bei der Recherche zum Artikel beteiligt.

Weitere Informationen zu Zielen, Tätigkeiten und Menschen hinter Munus gibt es auf der Website.

Zum Nachsehen hier die Sendung “Am Schauplatz” mit dem Thema “Alles Beton – Von welchen Äckern sollen unsere Enkel essen?”.

Kontakt: info (at) munus-stiftung.org